Vorbemerkung
Der Wolf polarisiert. Die Rückkehr des Wolfes hat vielfach positive Emotionen geweckt. Aus der Ferne betrachtet tendieren viele Menschen zu einer gewissen Euphorie. Anderseits führt die Rückkehr zu immer mehr Konflikten im ländlichen Raum.
FAQ
Häufig gestellte Fragen
Wie viele Wölfe gibt es in Deutschland?
Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) sowie der Dokumentations- und Beratungs-stelle des Bundes zum Wolf (DBBW) gab es im Monitoringjahr 2017/2018 73 Wolfsrudel, 30 Wolfs-paare und drei residente Einzelwölfe. Die durch den Wolf am häufigsten besiedelten Bundesländer sind Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Der DJV schätzt den aktuellen Bestand an Wölfen im Frühjahr 2019 auf Grund bekannter Mittelwerte von Rudelzusammensetzung und -stärke auf über 1.300 Tiere in Deutschland.
Wie haben sich Übergriffe auf Nutztiere entwickelt?
Die Übergriffe auf Nutztiere haben in den vergangenen elf Jahren rasant zugenommen. Waren es im Jahr 2007 etwa 30 Fälle, ist die Zahl im Jahr 2017 auf knapp 500 gestiegen. Die meisten Übergriffe fanden 2017 in Niedersachsen (159), Brandenburg (110), Sachsen-Anhalt (71) und Sachsen (67) statt. Im Jahr 2007 haben Wölfe etwa 100 Nutztiere verletzt oder getötet, 2016 wurde die Grenze von 1.000 Nutztieren erstmals überschritten, 2017 nahm die Zahl um weitere 66 % auf 1.667 Nutztiere zu (DBBW 2019).
Beispielsweise haben sich die Zahlen für Niedersachsen innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt: Während es im Jahr 2016 255 Nutztierrisse gab, stieg die Zahl 2017 auf 551 an. Daraufhin ist die Mindesthöhe für einen wolfssicheren Zaun von 1,20 auf 1,40 Meter erhöht worden. Doch auch diese Zaunhöhe haben Wölfe bereits übersprungen. Kritiker äußern, dass eine stufenweise Erhöhung der Zäune eher einen Trainingseffekt für die physisch robusten und intelligenten Wölfe darstellt.
Wie Zäune tatsächlich gebaut werden müssen, damit Wölfe sie nicht überwinden können, zeigt das Gutachten des Bundeslandwirtschaftsministeriums über Mindestanforderungen zur Haltung von Säugetieren (2014), etwa in Zoos. Es empfiehlt für Hundeartige wie den Wolf: "Es sind Umzäunung mit Überhang nach innen, auch glatte Wände bzw. Gräben möglich. Vor allem kleine Arten, wie Füchse und Schakale, aber auch Wölfe, wenn sie Kämpfen ausweichen wollen, klettern und springen äußerst hoch (bis zu 2,8 Meter). Fast alle Arten graben, deshalb sind die Umzäunung bzw. Wände mit Fundament und Untergrabschutz von mindestens 60 Zentimeter Tiefe zu versehen."
Warum soll der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden und nicht im Naturschutzrecht bleiben, obwohl er streng geschützt ist?
Mit einem Zuwachs der Wolfspopulation von derzeit 36 Prozent pro Jahr nehmen die Konflikte zu. Das Naturschutzrecht ist als reines Schutzrecht konzipiert, da geht es nur ganz am Rande um die Lösung von Konflikten. Das Jagdrecht hingegen ist von seiner Grundkonzeption sowohl Schutzrecht, als auch Instrument zur Lösung von Konflikten und zum Ausgleich von Interessen. Mit dem Wolf im Jagdrecht wird eine Grundlage geschaffen, um bundesweit gültige Managementmaßnahmen auf Basis des Koalitionsvertrages der Bundesregierung zu erarbeiten. Wenn es um die "Entnahme" von Wölfen geht, ist das Jagdrecht das bessere Instrument. Jedenfalls, sofern es nicht nur um besondere Einzelfälle geht, wie z.B. um den besenderten Wolf "Kurti" im April 2016 in Niedersachsen.
Es ist wichtig, einen vernünftigen Umgang mit dem Wolf zu finden, insbesondere um die Akzeptanz in der Gesellschaft zu erhalten. Neben Herdenschutzmaßnahmen und Entschädigungszahlungen für Nutztierhalter wird dabei mittelfristig auch eine Entnahme eine Rolle spielen. Dafür sind die Jäger prädestiniert, denn nur sie sind flächendeckend vertreten, haben nötige Ortskenntnis, richtige Ausrüstung und Ausbildung. Der DJV lehnt Vorstöße wie in Brandenburg und Südwestdeutsch-land ab, über Behörden bewaffnete Eingreiftrupps installieren zu wollen. Nur wenn der Jagdaus-übungsberechtigte notwendige Managementmaßnahmen nicht umsetzen kann oder möchte, sollten Behörden eingreifen können.
Der Wolf ist doch in Anhang IV der FFH-Richtlinie und gar nicht im "günstigen Erhaltungszustand". Wie kann er dann ins Jagdrecht aufgenommen werden?
Auch Arten aus Anhang IV der FFH-Richtlinie und solche, die nicht im "günstigen Erhaltungszustand" sind, können ins Jagdrecht aufgenommen werden. Sie können allerdings keine Jagdzeit bekommen.
Die FFH-Richtlinie schreibt nur ein bestimmtes Schutzniveau vor - wie die Mitgliedsstaaten das umsetzen bleibt ihnen überlassen. Einige Arten, die in Anhang IV der FFH-Richtlinie gelistet sind und keinen "günstigen Erhaltungszustand" haben, unterliegen in Deutschland bereits dem Jagdrecht, etwa Luchs, Wisent, Wildkatze oder Fischotter. Das ist europarechtlich zulässig, solange sie keine Jagdzeit bekommen.
Auch bei Anhang-IV-Arten können Ausnahmen vom strengen Schutz gemacht werden. Die Gründe dafür sind in Art. 16 der FFH-RL festgelegt. Dazu gehören insbesondere die Sicherheit des Menschen, der Schutz von Nutztieren und die Abwehr von ernsten wirtschaftlichen Schäden. Voraussetzung ist, dass der „günstige Erhaltungszustand“ nicht beeinträchtigt wird. Sofern dieser noch nicht erreicht ist, darf die Ausnahme das Erreichen des günstigen Erhaltungszustandes nicht verhindern.
Von den Ausnahmemöglichkeiten können die EU-Mitgliedsstaaten Gebrauch machen, sie müssen es aber nicht. So hat Deutschland im Bundesnaturschutzgesetz (§ 45 Abs. 7) lediglich vier der fünf Ausnahmetatbestände umgesetzt. Der fünfte – die selektive und streng kontrollierte Entnahme von einzelnen Exemplaren, ohne dass damit Schäden verhindert werden – ist in Deutschland nicht umgesetzt. Eine solche Ausnahme müsste in Deutschland konsequenterweise im Jagdrecht umgesetzt werden. Das Naturschutzrecht ist von seiner Konzeption her ein Schutzrecht, während das Jagdrecht von vorneherein stärker auf die Regelung von Konflikten und den Ausgleich von Interessen ausgerichtet ist.
Was ist der günstige Erhaltungszustand einer Population?
Der günstige Erhaltungszustand einer Art ist in der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) definiert. Man versteht darunter die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Population der betreffenden Art in einem bestimmten Gebiet auswirken können. Die Kriterien dafür sind in Art. 1 Buchst. i der FFH-Richtlinie genannt. Eine Art soll demnach langfristig überleben können, das Verbreitungsgebiet soll nicht kleiner werden und der Lebensraum ausreichend groß sein.
Die Feststellung, ob diese Kriterien erfüllt sind, orientiert sich an wildbiologischen Erkenntnissen. Gemäß des im Auftrag der EU-Kommission erarbeiteten Leitfadens der LCIE (2008) reichen 1.000 erwachsene Tiere für einen "günstigen Erhaltungszustand" einer isolierten Population aus. Bei einer Population, die im genetischen Austausch mit anderen Populationen steht - wie im Fall des sogenannten deutsch-polnischen Wolfsvorkommens -, gilt eine Grenze von 250 Tieren. Ländergrenzen spielen dabei keine Rolle. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) geht derzeit von etwa 200 adulten Tieren in Deutschland aus, die Population umfasst aber auch Wölfe in Polen. Neue Zahlen für das Monitoringjahr 2018/2019 werden im Oktober 2019 erwartet.
Der DJV bezweifelt daher, dass der Wolf noch nicht im "günstigen Erhaltungszustand" ist. Bei einer so anpassungsfähigen Art mit einer Vermehrungsrate von über 30 Prozent pro Jahr kann daran kein Zweifel bestehen. Der Wolf ist auch international gesehen nicht gefährdet.
Über die Entwicklung der einzelnen Arten (Tiere und Pflanzen) und Lebensräume müssen die EU-Mitgliedsstaaten der Kommission alle sechs Jahre Bericht erstatten. Der nationale Bericht ist für Juni 2019 angekündigt. Diese Berichte dienen dazu, sich einen Überblick zu verschaffen, wie die europäischen Naturschutzrichtlinien wirken und wie sich Arten und Lebensräume entwickeln. Für die Entscheidung über Ausnahmen vom strengen Schutz muss der günstige Erhaltungszustand aber sehr viel häufiger (nämlich immer dann, wenn es darauf ankommt, z.B. weil ein Wolf entnommen werden soll) festgestellt werden. Zuständig sind dafür die Behörden der einzelnen Bundesländer, auch wenn
es sich beim Bundesnaturschutzgesetz um Bundesrecht handelt und damit europäisches Recht umgesetzt wird.
Sie fordern eine Anhangsänderung der FFH-Richtlinie für den Wolf in Deutschland. Warum?
Wir fordern eine Statusänderung von Anhang IV „streng geschützt“ zu Anhang V „bedingt geschützt“, mit der Möglichkeit des Verwaltungshandelns. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass jeder Jäger Wölfe jagen kann. Aber wir müssen den derzeitigen sehr schnell verlaufenden Veränderungen Rechnung tragen: Die Anzahl der in Deutschland lebenden Wölfe und Wolfsrudel nimmt kontinuierlich zu, dies ist seit Jahren ein sehr dynamischer Prozess. Der Wolf breitet sich immer mehr auch in anderen europäischen Ländern aus. Wir wollen für die Zukunft vorbereitet sein. Unser Land ist dicht besiedelt. Begegnungen zwischen Menschen und Wölfen werden immer wahrscheinlicher, die Konflikte nehmen zu. Wer dogmatisch - trotz valider Datengrundlage - am Anhang IV klammert, der setzt die Akzeptanz im ländlichen Raum aufs Spiel.
Die Praxis im Umgang mit anderen Tierarten, wie Biber oder Kormoran, die sich ebenfalls ausbreiten und dadurch zu vermehrten Problemen führen, hat gezeigt, dass ein frühzeitiges Handeln notwendig ist. Ausnahmen vom strengen Schutz sind in der Praxis nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich, wie verschiedene Verfahren aus Bayern und Brandenburg im Umgang mit dem Biber zeigen.
Nach unserer Auffassung erfüllt der Wolf nicht mehr die Kriterien für die Aufnahme in Anhang IV der FFH-Richtlinie, die in Art. 1 Buchst. g der FFH-Richtlinie niedergelegt sind. Das Bundesamt für Naturschutz sieht das allerdings anders.
Das Aktionsbündnis Forum Natur (AFN) hat im Januar 2019 ein Konzept für ein künftiges praxisorientiertes Wolfsmanagement vorgestellt. Was ist damit gemeint?
Mit dem Konzept, das unter wissenschaftlicher Beratung von Prof. Dr. Dr. Sven Herzog (Universität Dresden) entstanden ist, möchte das
Aktionsbündnis den berechtigten Forderungen von Grundeigentümern und Landnutzern zum Wolf mehr Gewicht verleihen.
Demnach ist das Wolfsvorkommen in Deutschland Teil einer baltisch-osteuropäischen Population mit mittlerweile mehr als 8.000 Individuen, deren günstiger Erhaltungszustand zweifelsfrei gesichert ist. Die Verbände regen ein aktives Bestandsmanagement nach dem Vorbild der skandinavischen oder französischen Schutzjagd an.
Basis für das aktive Bestandsmanagement ist eine wildökologische Raumplanung in drei Kategorien:
1. In Wolfsschutzarealen soll sich der Wolf unbeeinflusst entwickeln können, etwa in großen Waldgebieten, auf Truppenübungs-plätzen oder großen Schutzgebieten mit geringer menschlicher Besiedlung und extensiver Weidetierhaltung.
2. In Wolfsmanagementarealen soll der Wolf grundsätzlich toleriert sein, seine Bestände aber auf Basis der individuellen Akzeptanzgrenzen in den Ländern reduziert werden.
3. In Wolfsausschlussarealen sollen territoriale Wolfsrudel nicht toleriert werden, insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenabwehr. Dazu gehören urban geprägte Bereiche, Gebiete mit Weidetierhaltung (inklusive Deiche) oder der alpine Raum.
Grundlage des Managements ist ein vorab festgelegter Akzeptanzbestand:
Die einzelnen Bundesländer sollen ihren individuellen Beitrag zum günstigen Erhaltungszustand der europäischen Wolfspopulation leisten und zugleich eine Grenze definieren, die eine naturschutzfachlich dringend notwendige Weidetierwirtschaft weiterhin garantiert.
Müssen Jäger Schadensersatz für gerissene Schafe zahlen, wenn er im Jagdrecht ist?
Schäden durch Wolfsrisse müssten auch bei einer Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht nicht gezahlt werden, weder vom Jagdpächter noch von der Jagdgenossenschaft. Denn Wildschadensersatz gibt es nur für Schäden an Grundstücken (einschließlich der darauf wachsenden Pflanzen), aber nicht für gerissene Weidetiere. Und außerdem sind Grundstückschäden gar nicht bei allen Wildtieren ersatzpflichtig, sondern nur bei denen, die ausdrücklich genannt sind: Schalenwild, Wildkaninchen und Fasanen. Die Rückkehr des Wolfes ist in erster Linie ein gesellschaftliches Anliegen. Daher sollten Weidetierhalter aus öffentlichen Mitteln entschädigt werden.
Kann der Wolf in einem so dicht besiedelten Land wie Deutschland überhaupt artgerecht leben?
Die Wiederansiedlung zeigt uns, dass der Wolf in unserer Kulturlandschaft bestens zurecht kommt. Er findet hier geeigneten Lebensraum und ausreichend Beute. Die Frage ist nicht, ob er artgerecht in der
Kulturlandschaft leben kann, sondern ob er die Akzeptanz der Bevölkerung findet. Der Wolf muss lernen, sich von Menschen und Nutztieren fern zu halten.
Durch das Fehlverhalten von Menschen (z.B. Fütterung) werden Wildtiere in Siedlungsnähe gelockt und gewöhnen sich an den Menschen. Das muss unbedingt vermieden werden. Beispiel Wildschwein: Diese intelligente Spezies legt ein Verhalten in der Stadt an den Tag, das etwa die Berliner mehr oder weniger tolerieren. Es weiß, dass es nicht bejagt wird, sogar gefüttert wird und hat jegliche Scheu verloren. Außerhalb der Städte wird es bejagt und lernt dadurch, menschlichen Kontakt zu vermeiden.
Der Wolf ist extrem anpassungsfähig, hat keine natürliche Scheu vor dem Menschen, keine natürlichen Feinde und in Deutschland eine ausreichende Nahrungsgrundlage. Allerdings ist der Straßenverkehr für Wölfe in Deutschland die häufigste Todesursache.
Wenn wir es zulassen, wird der Wolf vermutlich jegliche Räume wieder besiedeln. Der Wolf ist eine neugierige Art, er testet seine Grenzen aus. Es ist kein Zufall, dass der Wolf auch nachts in Städten gesichtet werden kann, wie in 2018 in Walsrode oder Anfang Mai 2019 am Stadtrand von Berlin (Ahrensfelde). Dieses Verhalten wird jedoch von der Bevölkerung nicht akzeptiert.
Der DJV verurteilt das illegale Töten von Wölfen und distanziert sich ausdrücklich von schwarzen Schafen. Leider erlangen diese Ausnahmen die größte Aufmerksamkeit.
Ist eine Koexistenz von Wölfen und Weidetieren möglich?
Wölfe jagen von jeher Wildtiere wie Rehe, Rothirsche oder Wildschweine. Vielfach reißen sie zudem landwirtschaftliche Nutztiere, vor allem Schafe und Ziegen, aber auch Rinder, Pferde und landwirtschaftliche Wildtiere.
Herdenschutzmaßnahmen werden deshalb immer wichtiger. Naturschützer fordern bereits, dass Viehalter in Wolfsregionen flächendeckend ihre Weideflächen wolfssicher umzäunen oder Herdenschutzhunde einsetzen, um Schäden durch Wolfsrisse zu vermeiden. Das allerdings ist leichter gesagt, als getan. Denn während Weidezäune bislang vor allem dazu dienten, Weidetiere vom Ausbrechen abzuhalten, müssen sie nun anders konstruiert werden, um zugleich das Einbrechen von Wölfen zu verhindern. Bisher gibt es keine in der Fläche umsetzbare, praktikable Form der Einzäunung, die tatsächlich wolfssicher ist. Das liegt zum einen daran, dass eine kleinparzellierte Einzäunung aller Weideflächen in Deutschland weder naturschutzfachlich zu verantworten noch wirtschaftlich darstellbar ist. Auch fehlt die gesellschaftliche Akzeptanz dafür, den ländlichen Raum vollständig und parzellenscharf zu umgrenzen. Ein solches Vorgehen stünde im deutlichen Widerspruch zum Prinzip der offenen Landschaft, dass sowohl für den Tourismus bedeutsam ist, als auch für den Erhalt der Kulturlandschaft und den Natur- und Artenschutz. Nicht durchführbar ist zudem die wolfssichere Einzäunung von großen Grünlandregionen, Deichen und Niederungsgebieten mit Grabensystemen sowie Mittelgebirgen und Almen.
Herdenschutzhunde können in Einzelfällen helfen, Wölfe von den
Herden fernzuhalten – etwa in dünn besiedelten Regionen.
Anschaffung, Ausbildung und der Unterhalt der Tiere sind allerdings teuer. Eine flächendeckend geeignete Maßnahme zum
Herdenschutz auf den mehreren Millionen Hektar Weidefläche in
Deutschland sind Hunde nicht. Gerade in Freizeit- und
Tourismusregionen kann ihr Einsatz neue Schwierigkeiten
verursachen, da Herdenschutzhunde die Weidetiere auch vor
Wanderern beschützen.
Herdenschutzmaßnahmen scheitern häufig auch am Geld, denn die
Länder erstatten die Kosten für den Mehraufwand bisher nur
unzureichend.
Bund und Länder sind gefordert, bei der Prävention gegen Wolfsrisse vor allem auf die tatsächlichen Verhältnisse in den Regionen Rücksicht zu nehmen, da die Landwirte in unterschiedlichen Teilen Deutschlands sehr unterschiedliche Methoden zur Einfriedung von Weiden verwenden. Teils reichen sehr einfache Maßnahmen gegen den Ausbruch der Weidetiere – vom einfachen Elektrozaun bis hin zum Graben, der die Weide umgibt. Alle Kosten für Schutzmaßnahmen, die darüber hinausgehen und das Einbrechen von Wölfen verhindern sollen, müssen hingegen vollständig erstattet werden. Dabei reicht die Kostenübernahme für den Bau und das Material von Zäunen nicht aus, die öffentliche Hand muss auch für die Instandhaltungs- und Folgekosten aufkommen. Der Bund ist aufgefordert, eine einheitliche Länderpraxis bei der Kostenübernahme anzuregen.
Weniger Bürokratie und schnellere Entschädigung im Ernstfall
Kritik gibt es von den Weidetierhaltern an der derzeitigen Praxis im
Umgang mit Wolfsrissen – von der Begutachtung dieser Fälle bis
zur Kompensation der Schäden. Die Verbände der Landnutzer im
Aktionsbündnis Forum Natur und die Verbände der Weidetierhalter
halten sie für unzulänglich und fordern eine Neujustierung. Zweifel
bestehen zum Beispiel an der Qualität der bisherigen
Rissbegutachtungen. Nur selten werden gemeldete Risse dem Wolf
zugeschrieben. Nicht akzeptabel ist es etwa, dass Wolfrisse häufig
nur deshalb nicht nachgewiesen werden, weil es wahlweise keine
Proben für DNA-Analysen der Wölfe gebe oder diese nicht
verwertbar seien. Die Verbände fordern daher, die
Wolfsbeauftragten in den Ländern regelmäßig in Sachen
Probenahme zu schulen. Die Landwirtschaft spricht sich ferner
dafür aus, auch unabhängige neutrale Sachverständige und
Experten aus den Bereichen Landwirtschaft und Jagd als
Rissbegutachter anzuerkennen.
Bei der Entschädigung für Wolfsrisse fordern die Verbände eine
Umkehr der Beweislast. Bislang erhalten geschädigte
Weidetierhalter nur dann eine Kompensation, wenn ein Wolfsriss
zweifelsfrei nachgewiesen ist. Sinnvoller wäre es, die
Entschädigung bereits dann zu zahlen, wenn ein Wolfsriss nicht
auszuschließen ist. Zudem müssen die Betroffenen auch für Risse
durch Wolf-Hund-Mischlinge entschädigt werden. Da bei
Wolfsrissen nicht nur Kosten für die direkten Tierverluste entstehen,
fordern die Verbände zudem, auch Kosten für den Nutzungsausfall
und die Neubeschaffung sowie den Zuchtwert der Tiere zu
berücksichtigen.
Können Wolf und die Weidetierhaltung nebeneinander bestehen?
Der Erhalt der Weidetierhaltung in einer vielgestaltigen Kulturlandschaft mit großflächigen Grünlandregionen wird ohne Regulierung des Wolfes nicht funktionieren. Inzwischen wird auch von einzelnen Naturschutzvertretern in Erwägung gezogen, Wölfe zu schießen, die die Nähe zum Menschen suchen, Schutzzäune überwinden oder sich auf das Reißen von Weidetieren spezialisiert haben.
Vor großen Problemen stehen insbesondere Regionen, in denen eine Ansiedlung eines Wolfsrudels zu Konflikten mit der Deichsicherheit oder dem Erhalt der Almwirtschaft führen und in denen ein flächendeckender Herdenschutz nicht möglich ist. In diesen Fällen wird eine Entnahme von Wolfsrudeln bzw. die Verhinderung der Ansiedlung nötig sein.
Die Politik ist gefordert, Lösungen für diese Probleme zu erarbeiten. Dabei sollte sie die Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes nicht dem Wunsch nach einer weiteren Ausbreitung des Wolfes unterordnen.
Kann man Herden im Alpenraum und an Deichen schützen?
Wirksame und durchführbare Lösungen gibt es derzeit noch nicht, es gibt ein Pilotprojekt in Schleswig-Holstein. Schäferverbände gehen davon aus, dass sich Deichschafe grundsätzlich vor Wölfen schützen lassen, wenn genügend Geld für Personal und Sachmittel zur Verfügung steht. Dann müssten sich allerdings auch die Bewirtschaftungsformen ändern: So müsste tagsüber eine Behütung der Schafe, ggf. auch mit Herdenschutzhunden, stattfinden und nachts jeweils eine Einpferchung. Problematisch könnte das Verhalten von Herdenschutzhunden in Deichbereichen sein, die auch touristisch genutzt werden. Bei den Almen ist die Situation noch anspruchsvoller.